Warum das KIT einen Garten braucht - unser Profil

Botanische Gärten sind ursprünglich als Lehrgärten für Apotheker entstanden. Heute erfüllen sie ganz neue, sehr vielfältige Aufgaben. Unter den Botanische Gärten in Deutschland gibt es vermutlich keinen zweiten Garten, der so intensiv in Forschung und Lehre eines Botanischen Instituts eingebunden ist. Dies hat eine lange Tradition - ursprünglich war unser Garten einmal Teil des Schloßgartens, der von seinen Anfängen an nicht nur exotische Pflanzen gesammelt hat, sondern auch immer schon in die Forschung betrieben hat. Beispielsweise hat der erste Direktor des Gartens Joseph Kölreuter mithilfe von eleganten, aber wohl durchdachten Kreuzungsversuchen nicht nur die pflanzliche Sexualität bewiesen, sondern auch gezeigt, dass Väter und Mütter bei der Vererbung völlig gleichberechtigt sind, was den Vorstellungen seiner Zeit (wir schreiben das Jahr 1759) völlig zuwiderlief. Ohne es zu wissen, hatte er damit die Genetik als Wissenschaft begründet. Seine Schriften brachten über 100 Jahre später Gregor Mendel dazu, die Gesetze der Vererbung mathematisch zu untersuchen. Die Karlsruher Pflanzenwissenschaften können also auf eine lange Geschichte zurückblicken, die sogar älter ist als die der Universität. Inzwischen sind die Pflanzenwissenschaften am KIT im Bereich I "Biologie, Chemie und Verfahrenstechnik" angesiedelt. Damit wird auch klar ausgedrückt, dass Angewandte Biologie eine große Rolle spielt. Mit seinem Schwerpunkt auf Nutzpflanzen nimmt der Botanische  Garten hier eine Schlüsselposition für die Entwicklung biotechnologischer Forschung und Lehre ein. Dies zeigt sich auch darin, dass voraussichtlich 2025 ein neuer Standort in der Kornblumenstraße entstehen wird. Neben Forschung und Lehre geht der Garten auch neue Wege beim Artenschutz - Biodiversität schützen und nützen stehen nicht im Widerspruch, sondern gehen Hand in Hand. Gemeinsam mit dem Verein der Freunde und Förderer nutzen wir den Garten auch, um mit der Öffentlichkeit über die aktuellen Themen unserer Forschung in Dialog zu treten.

 

Forschung für Klimaresilienz Züchtungsforschung
Der Klimawandel stellt Landwirtschaft und Ernährungssicherheit vor große Herausforderungen. In der AG Nick wird untersucht, wie Nutzpflanzen mit Stress umgehen und wie man daraus Strategien entwickeln kann, um sich gegen den Klimawandel zu wappnen, etwa in dem vom Strategiefond des Präsidium geförderten Projekt Microbes for Future (M4F) oder dem von Interreg Oberrhein geförderten Forschungsnetzwerk Kliwiresse. Wir blicken aber auch über den Tellerrand, im Rahmen des Deutschen Forschungsnetztwerk Reis arbeiten wir mit dem International Rice Research Institute (IRRI) zusammen, um Reis für Trockenanbau fit zu machen und so den Methanausstoß zu verringern. Klassische Züchtung ist zeitraubend, weil man die Gene von Interesse nicht gezielt verändern kann. In der AG Puchta wird die Genschere CRISPR-Cas so vervollkommnet, dass man sogar die Struktur ganzer Chromosomen verändern kann, was die Neu-Domestizierung von Nutzpflanzen ermöglicht, ohne die Fehler der Vergangenheit zu wiederholen.
Biodiversität schützen und nützen Lehre
Biologische Vielfalt ist wertvoll. Und zwar ganz konkret. Unsere Sammlung von Wild-reben birgt genetische Schätze für die nachhaltige Landwirtschaft der Zukunft. Die Genbank für Wilde Verwandte von Nutzpflanzen ist Teil des Bundesplans für pflanzengenetische Ressourcen. Wir gehen auch neue Wege, um Schutz und Nutzung unter einen Hut zu bringen. Gemeinsam mit der Firma vertical farming erproben wir auch neue Wege für die Kultivierung von Pflanzen mit wertgebenden Inhaltsstoffen (häufig Pflanzen, deren Existenz durch Übersammlung bedroht ist). Die neuesten Ergebnisse aus unserer Forschung werden unmittelbar in die Lehre eingebunden - auch in den zahlreichen Praktika. Im Modul Grüne Schule entwickeln Studierende neue Konzepte für Schulklassen und Kinder.
Artenschutz Öffentlichkeit
Nutz und Schutz sind kein Widerspruch. Mit neuen Konzepten engagieren wir uns für den Artenschutz, etwa gemeinsam mit Regierungspräsidium Karlsruhe und Zoo im Rahmen des Artenschutzprogramms Baden-Württemberg oder mit unserer Genbank für Wildpflanzen mit Nutzungspotential im Auftrag des Bundesministeriums für Ernährung und Landwirtschaft. Öffentlichkeit und Wissenschaft rücken immer mehr auseinander. Das ist problematisch und wir versuchen daher, der Öffentlichkeit zu erklären, was wir da eigentlich tun und wofür das gut ist. Hierbei werden wir vom Verein der Freunde und Förderer tatkräftig unterstützt.