Geschlechtsloser Sex?

Einer von Goethes Beweisen für die Blütenorgane als umgewandelte Blätter war die Blattfolge der Nieswurz Helleborus.
Das ABC-Modell erklärt die Festlegung der Blütenbildung mit 3 Genschaltern, die kombiniert jeweils einen anderen Typ von Blütenorgan anschalten.
Geschlechtsmutanten beim Löwenmäulchen konnten durch das ABC-Modell verblüffend einfach erklärt werden. Wenn zum Beispiel der B-Schalter ausfällt, fehlen die männlichen Organe.

 

Geschlecht scheint für Sex unverzichtbar zu sein. Ebenso klar scheinen diese Geschlechter verschieden zu sein. Bei Pflanzen ist auch diese Seite der Sexualität ganz anders.

Gender mainstreaming wird hier nicht gebraucht, weil es gar kein Geschlecht gibt – fast alle Pflanzen sind nämlich zwittrig, sind also gleichzeitig männlich oder weiblich.

Warum eigentlich? Das hat mit der Art zu tun, wie ihre Geschlechtsorgane, die Blüten, entstehen. In seiner „Metamorphose der Pflanze“ bewies Goethe, dass die Blütenorgane nichts anderes sind als umgewandelte Blätter. Er machte sich auch viele Gedanken über gefüllte Blüten, bei denen Staub- und Fruchtblätter fehlen. Er schlug vor, dass diese eigentlich noch da sind, aber durch einen Fehler in schön gefärbte Kronblätter umgewandelt seien.

Goethe hatte den richtigen Riecher. Inzwischen kennt man die Schalter, die aus einem gewöhnlichen Blatt ein Blütenblatt, ein Staubblatt oder ein Fruchtblatt machen. Es sind 3 Gene, die man einfach mit A, B und C bezeichnet hat und deren Produkte Zweierpaare bilden können. A+A schaltet die grünen Kelchblätter an, A+B die schönen Kronblätter, B+C die Staubblätter und C+C die Fruchtblätter. Wenn einer der Schalter fehlt, kommt es zu Verwandlungen – auch Geschlechtsumwandlungen gehen ganz einfach, wenn der B-Schalter aus ist, fehlen die Staubblätter, die Blüte wird weiblich.