Amerikanische Pfeifenwinde (Aristolochia macrophylla)

Die skurrile Blüte der Amerikanischen Pfeifenwinde ist ebenso urtümlich wie sie aussieht.
Hier hat sich der Zell"schaum" in einen Riss des Festigungsgewebe hinein geteilt und fängt so die Belastung wirkungsvoll auf (Bild Labor Speck, Uni Freiburg).

Wer an der Westseite der Gewächshäuser unweit des Urwelt-Mammutbaums genau hinschaut, entdeckt im späten Frühjahr die skurrilen Blüten, verborgen im dichten Laub dieser aus Nordamerika stammenden Liane. Die Amerikanische Pfeifenwinde zählt zu den urtümlichen Osterluzeigewächsen, die man ähnlich wie die Pfefferartigen und die Seerosen weder den Ein- noch den Zweikeimblättrigen zuordnen kann, wohl weil sie zu den ursprünglichsten Blütenpflanzen gehören.

Was interessiert uns an dieser Pflanze?

Die von dem berühmten Evolutionsforscher Lamarck erstmals beschriebene Pflanze ist, so wie die meisten Vertreter ihrer Gattung, hochgiftig. Sie enthält nämlich Aristolochiasäure, ein schlimmes Nierengift. Dennoch sind die Pfeifenwinden für die Traditionelle Chinesische Medizin (TCM) von großer Bedeutung, als sogenannte "Botenpflanzen", die in sehr geringer Dosis die Wirkung anderer Heilpflanzen steigern. Durch sprachliche Missverständnisse und eine falsche Anwendung von TCM-Rezepturen kam es jedoch vor etwa 15 Jahren in Belgien zu einem schlimmen Unfall, als etwa hundert Frauen im Rahmen einer angeblich auf TCM basierenden Schlankheitskur infolge von Aristolochiasäure zu Dialysepatientinnen wurden. Der Vorfall führte dann dazu, dass viele in der TCM wichtige Heilpflanzen von der amerikanischen Food and Drug Administration mit einem Bann belegt wurden. In der Nachbarschaft der Pfeifenwinde findet man noch weitere ähnlich aussehende Lianen. Das sind die in der TCM genutzten Arten, mit der die Pfeifenwinde leicht verwechselt werden kann. Wir arbeiten daher an molekularen Markern, mit denen man diese Pflanzen auch in Handelsprodukten auseinanderhalten kann.

Die Pfeifenwinde - ein Fall für Bionik

Lianen müssen sich das lebensnotwendige Wasser oft über 10-20 m weit vom Waldboden in die Wipfel der Bäume herholen. Ein kleiner Riss im Leitungssystem kann hier schnell lebensbedrohlich sein. Die Pfeifenwinde hat hier aber einen spannenden Trick entwickelt - selbstheilende Gewebe. Wenn, beispielsweise infolge eines Sturms oder weil vielleicht ein unvorsichtiger Tarzan an der Liane vergriffen hat, im Gewebe ein Riss auftritt, quellen die Zellen des benachbarten Grundgewebes in die Lücke hinein und beginnen nun, sich in Richtung der Spannungslinien zu teilen, so dass die zerstörerischen Kräfte aufgefangen werden können. Dieses Prinzip wurde, nachdem man es durchschaut hatte, technisch kopiert und kann so mit ultrleichten Kunststoffschäumen erstaunlich robuste Werkteile, ja sogar Brücken, herstellen, die sich durch Umverteilung des Schaums entlang der mechanischen Belastung gleichsam selbst an die Belastung anpassen können. Dieses Beispiel für Bionik (technische Umsetzung von biologischen Prinzipien) wurde in der Arbeitsgruppe von Prof. Dr. Thomas Speck an der Universität Freiburg intensiv untersucht (mehr...)