Vanilla planifolia (Vanille)

Karlheinz Knoch
Vanille ist eine Liane, die bis zu 30 m auf ihrem Stützbaum (dem Tutor) in die Höhe wächst, bevor sie ihre Blütenbüschel bildet.
Vanillin leitet sich von den Holzalkoholen ab und kann daher synthetisch aus Holzschnitzeln hergestellt werden.

Ursprung und Geschichte

Kaum ein Nachtisch, der ohne sie auskäme. Aber diese tropische Nutzpflanze liefert nicht nur köstliche Aromen, sondern sieht auch noch schön aus. Die Echte Vanille ist nämlich eine Orchidee. Wie viele andere wichtige Nutzpflanzen wie Tomate, Tabak oder Kakao entstammt die Vanille einem der wichtigsten Biodiversitäts-Zentren unseres Planeten, nämlich Mittelamerika. Schon vor der Eroberung durch die Spanier wurde sie in der Gegen des heutigen Südmexiko von dem Volk der Totonaken in Kultur genommen und im Reich der Azteken als cacixanatl ("Tiefe Blume") sehr geschätzt. Genutzt wird, ähnlich wie beim Kakao, die fermentierte Frucht. Während die Spanier diese von ihnen eroberte "Königin der Gewürze" eifersüchtig hüteten (die Ausfuhr der Pflanzen war bei Todesstrafe verboten), gelangte sie nach dem mexikanischen Unabhängigkeitskrieg (1810) in die Kolonien Frankreichs und der Niederlande und wird daher heute vor allem in Madagaskar und Indonesien angebaut. Nachdem 1874 in Deutschland die chemische Erzeugung des Duftstoffs Vanillin aus Holzspänen gelang, ging der Vanilleanbau rapide zurück. Vor allem als Coca Cola 1985 dazu überging, die natürliche Vanille durch Vanillin zu ersetzen, halbierte sich der Weltmarkt und die madagassische Vanilleherstellung brach fast komplett zusammen. Inzwischen ist in Gefolge einer besseren Ernährungskultur die Wertschätzung für das reiche natürliche Bouquet der echten Vanille - es enthält über 250 Komponenten! - wieder gestiegen. Lange Zeit waren viele Menschen mangels Erfahrung nicht in der Lage, das starke, aber im Vergleich doch armselige Vanillinaroma vom echten Vorbild zu unterscheiden.

Biologie

Die Vanille ist eine Liane, ihre auffälligen und großen Blüten werden von Kolibris und besonderen Langhornbienen bestäubt - da diese weder in Madagaskar und Indonesien vorkommen, muss man dort künstlich bestäuben, um die begehrten Schoten zu bekommen. Das Verfahren wurde von dem Sklaven Edmon Albius auf der Insel La Réunion entwickelt und besteht darin, dass man mit einem Bambusspieß die Blüte öffnet und das Pollenpaket (Pollinium genannt) aufnimmt und dann auf die Narbe streicht. Die Echte Vanille gehört zu einer reichverzweigten Gattung von über 100 Orchideenarten, nur wenige unter ihnen sind so wohlriechend - neben der Echten Vanille werden nur die Tahiti- und die Guadeloupe-Vanille angebaut, diese finden in der Parfümindustrie Verwendung. Für den Anbau braucht die Vanille einen Trägerbaum, Tutor genannt, an dem sie sich hochranken kann. Eine Pflanze erklimmt oft mehr als 30 Meter, bevor sie Trauben von etwa 20 Blüten bildet. Die Blüten duften zwar, was darauf hindeutet, dass die Kolibris nicht die eigentlichen Wunschbestäuber sind. Wie viele andere Orchideen belohnen sie die Langhornbienen jedoch nicht mit Nektar - bezahlt wird hier, ähnlich wie bei der chinesischen Orchidee Bletilla oder der heimischen Ragwurz mit gefälschtem Sex - die Blüte ahmt mit ihrem betörenden Duft eine weibliche Langhornbiene nach... Bei der nachfolgenden Pseudokopulation wird dann dem gefoppten Bestäuber das Pollinarium angeklebt.