Unsere Konzeption

Gefördert vom Bundesamt für Naturschutz geht ein Netzwerk von 5 Botanischen Gärten neue Wege beim pflanzlichen Artenschutz.

Verantwortungsarten. Im Rahmen des Bundesprogramms zur Biologischen Vielfalt wurden 15 bedrohte Pflanzenarten ausgewählt, die weltweit nur in Deutschland vorkommen oder ihre Hauptverbreitung in Deutschland aufweisen. Für diese Arten hat Deutschland also eine besondere Verantwortung. Um diese Arten geht es in unserem Projekt WIPs.de (Wildpflanzenschutz Deutschland), an dem die Botanischen Gärten Berlin, Karlsruhe, Osnabrück, Potsdam und Regensburg sowie die Pädagogische Hochschule Karlsruhe beteiligt, und in das auch behördliche Institutionen und Naturschutzverbände eingebunden sind. Die konventionelle Trennung von Erhaltung ex-situ (Erhaltungskultur im Botanischen Garten) und in-situ (Schutz eines Habitats und damit Schutz einer Art) wird hierbei erst mal über Bord geworfen. Diese Erhaltungsstrategien werden nämlich miteinander verknüpft. Unser Garten ist gemeinsam mit der PH Karlsruhe für den Südwesten Deutschlands zuständig.

Schritt 1 – Sammeln von Saatgut. Während im zoologischen Artenschutz die Nachzucht unter menschlicher Betreuung schon lange erfolgreich praktiziert wird, ist dieser Ansatz im pflanzlichen Artenschutz noch wenig üblich. Das ist eigentlich erstaunlich, den Saatgut kann man leicht und kostengünstig lagern. Damit lässt sich sogar die Vielfalt innerhalb von Pflanzenarten abbilden – selbst zwischen benachbarten Naturräumen kann es zu kleinräumigen Anpassungen innerhalb einer Art ausbilden. Im WIPs-De Projekt werden daher über 500 Naturräume berücksichtigt, um so Saatgut mit einer möglichst großen innerartlichen Diversität eingelagert werden.

Schritt 2 – Erhaltungskultur. Von ausgewählten Populationen werden in den Botanischen Gärten Erhaltungskulturen angelegt, um die gefährdeten Pflanzen zu vermehren. Hier gibt es noch viele offene Fragen – die Evolution macht nämlich auch vor den Türen von botanischen Gärten nicht halt. Man hat ja nicht mit genetisch einheitlichen Kultursorten zu tun, sondern mit Wildpopulationen, die sich aus genetisch verschiedenen Einzelpflanzen zusammensetzen. So wie sich Pflanzenpopulationen an Veränderungen ihrer natürlichen Standorte anpassen, so kann auch eine Anpassung an die Bedingungen im  Erhaltungsbeet des botanischen Gartens stattfinden. Wie unterscheiden sich die wieder ausgebrachten Pflanzen genetisch von der Ursprungspopulation? Können die genetische Veränderungen im Garten die Vitalität der Pflanzen im natürlichen Habitat beeinträchtigen? Wie müssen die Erhaltungskulturen angelegt werden, um solche Veränderungen möglichst gering zu halten? Auf diese Fragen sollen wissenschaftlich fundierte Antworten gesucht werden.

Schritt 3 – Wiederausbringung. Genetisch verarmte oder regional verschollene Populationen werden durch Wiederausbringung des im Garten vermehrten Materials gestärkt oder gar wieder neu etabliert. Auch hier muss man darauf achten, dass die Herkunft des Saatguts und das neue Habitat zueinanderpassen und dass die Pflege des neuen Lebensraums auch langfristig gesichert wird. Das geht nur in enger Zusammenarbeit mit den jeweiligen Behörden und ehrenamtlichem Naturschutz.

Unser Ziel – Eigenständiges Überleben der Art. Die Idee von WIPs.de ist eine Art “Starthilfe” für bedrohte Arten. Langfristig sollte sich die Art eigenständig am neuen Lebensraum vermehren und sich dort wieder ausbreiten können. Natürlich muss man das durch pflegerische Maßnahmen unterstützen, aber es kann nicht das Ziel sein, eine Art dauerhaft nur über den “Tropf der Erhaltungskultur” künstlich am Leben zu halten. Nur über intensive wissenschaftliche Begleitung können wir herausbekommen, welche Bedingungen und Umstände wichtig sind, damit die Art möglichst schnell wieder eigenständig überleben kann.