Minzen (Mentha) - Tödliches After Eight

Minzen sind sehr konkurrenzstark - dort, wo etwa die heimische Pferdeminze (Mentha longifolia) auftaucht, entstehen recht bald ganze Flecken, die andere Pflanzen verdrängen. Wieso ist das so? Wir sind dieser Frage nachgegangen und haben herausgefunden, dass die Minzen kraft ihrer Duftstoffe die Keimung und das Wachstum anderer Pflanzen unterdrücken können. Warum unterdrückt sich die Minze nicht selbst? Wenn die abgegebenen Duftstoffe einfach schädlich wären, sollten die Minzen selbst ja am meisten darunter leiden. Tun sie aber nicht. Wir gruben tiefer und fanden heraus, dass jede Minzart ihr eigenes Duftstoffprofil absondert. Wie dieses Profil zustandekommt, ist noch nicht ganz klar - unsere neuesten Forschungen legen nahe, dass die Natur hier eine Art "chemisches LEGO" spielt und eine Handvoll von Enzymen in unterschiedlicher Form kombiniert, so dass sehr unterschiedliche Düfte entstehen.

Was wir aber schon wissen ist, dass diese Duftstoffe nicht als Gifte wirken, sondern als Signale. Diese Signale lösen bei den Empfängerpflanzen einen programmierten Zelltod aus. Dies ist eine Art von Selbstmord, der unter bestimmten Umständen durchaus Sinn ergebt - wenn eine Zelle etwa von einem Pilz attackiert wird und durch Harakiri den Angreifer mit in ihrer Vacuole gespeicherten Abwehrstoffen überschüttet und sich so wie die stechende Biene zum Wohle ihrer Schwestern aufopfert. Diese Selbstmordreaktion wird durch Veränderungen im Zellskelett ausgelöst, einem faserigen und sehr dynamischen Geflecht im Inneren aller Zellen. Wir konnten zeigen, dass bestimmte Komponenten der Minzdüfte das Zellskelett zu solchen Veränderungen bewegen können.

In anderen Worten: die Minze duftet ihre Konkurrentinnen an und spiegelt ihnen vor, sie würden von Pilzen attackiert. Diese begehen dann reihenweise Harakiri. Die Minze selbst scheint ihr tödliches Signal zu ignorieren. Wir vermuten, dass das entsprechende Rezeptormolekül, woran das Signal bindet, fehlt oder verändert ist. Sie hat also quasi ihre eigene Nase verstopft und riecht nichts, ihre Konkurrentinnen aber schon.

Nun untersuchen wir, ob wir diesen raffinierten Trick für uns Menschen nutzbar machen können, um auf der Basis von Minzöl neuartige Bioherbizide zu entwickeln.

mehr dazu in dem Artikel "Ölige Kampfmittel" von Nathalie Hering, die über dieses Phänomen promoviert. Chemie unserer Zeit