2024_02: Wurzelchip für Bioherbizide
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Pflanzen haben es faustdick hinter den Ohren. Geschätzt eine Million Wirkstoffe kommen nur in Pflanzen vor und haben die Aufgabe, andere Organismen für die Zwecke der Pflanze einzuspannen. Häufig werden dabei zelleigene Signalwege im Zielorganismus manipuliert. Auch wir Menschen sind nicht dagegen gefeit – ob Koffein, Opium oder Cannabis, immer wird unser Nervensystem durch pflanzliche Wirkstoffe ausgetrickst. Einen besonders kuriosen Fall pflanzlicher Manipulation haben wir nun aufgedeckt. Unsere Minzen schlagen Konkurrenten dadurch aus dem Feld, dass sie sie „zu Tode duften“. Warum befördern sich dann selbst nicht in die ewigen Jagdgründe, immerhin sind sie selbst der höchsten Dosis dieser Stoffe ausgesetzt? Am Beispiel der Kräuselminze können wir zeigen, dass der Duftstoff Carvon innerhalb weniger Minuten die Wurzelzellen der Zielpflanze dazu überredet, ihre Mikrotubuli aufzulösen und kurz darauf Selbstmord zu begehen. Verändert man kleine chemische Details an der Struktur von Carvon, verschwindet die Wirkung völlig. Dies zeigt, dass Carvon kein Gift ist, sondern ein manipulatives Signal. Offenbar ist es in der Lage, in der Zielpflanze an einen speziellen Rezeptor zu binden, der ansonsten in die Abwehr gegen Mikroben eingebunden ist. Hier ist es nämlich durchaus sinnvoll, wenn die befallene Zelle sich durch Selbstmord opfert und so den Erreger mit in den Tod reißt, so dass die anderen Zellen geschützt sind. Wir vermuten, dass die Minze ihren eigenen Rezeptor so verändert, dass Carvon nicht binden kann. Signale, die Konkurrenten ausschalten – so etwas hat natürlich viel Potential für die Entwicklung neuer Bioherbizide. Im nächsten Schritt wollen wir nun herausfinden, wer auf dieses Signal hört, also den Rezeptor identifizieren. Diese raffinierte Strategie konnten wir im Rahmen unseres Projekts DialogProTec (Wissenschaftsoffensive von Interreg Oberrhein) in einer interdisziplinären Kooperation mit Partnern am Campus Nord IMT, Université de Strasbourg, dem Institut für biologische Wirkstoffe Kaiserslautern, der Universität Freiburg und dem Forschungsinsitut für biologischen Landbau in Frick aufdecken und im Journal of Experimental Botany veröffentlichen. Veröffentlichung 210. Hering N, Schmit AC, Herzog E, Corbin LT, Schmidt-Speicher L, Ahrens R, Fauconnier ML, Nick P (2024) Spearmint Targets Microtubules by (−)-Carvone. Hort Res 11, uhae151 - pdf
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