Signale statt Gift: neue Konzepte für nachhaltigen Pflanzenschutz

Forschung_Kommunikation Peter Nick
Auf Grundlage des Organon-Modells des Kommunikationsforschers Karl Bühler suchen wir nach neuen Strategien für einen nachhaltigen Pflanzenschutz.

Was ist das Problem?

Die industrielle Landwirtschaft ignoriert die Evolution. Genetisch homogene Pflanzen werden in Monokultur angezogen - außerhalb jeglichen ökologischen Zusammenhangs und darum nicht evolutionär stabil. Um die Effizienz zu sichern, sorgen die Menschen für eine hoch standardisierte Umwelt mit sättigendem Nährstoffeintrag (Mineraldünger), Unterdrückung von Konkurrenten (Herbizide) und Unterdrückung von Parasiten (Fungizide, Insektizide). Dies belastet sowohl den Geldbeutel als auch die Umwelt. Während die Menschen durch diesen rein technischen Ansatz etwas zu erhalten suchen, was in sich selbst nicht stabile ist, können sie dennoch nicht die Evolution der Organismen unterdrücken, die dieses System zu entern versuchen. Im Gegenteil: gerade durch den gewaltsamen Versuch, alles zu unterdrücken, wird die Evolution dieser Organismen beschleunigt, weil die Menschen einen neuen Selektionsdruck erzeugen. Die Ausbreitung herbizid-resistenter Unkräuter oder fungizidresistenter Schadpilze belegen eindrucksvoll, wie flüchtig Pflanzenschutz wird, wenn man die Regeln der Evolution ignoriert. Evolution ist nämlich auf Kompromisse gegründet, nie auf absolute Siege. Nachhaltigkeit gibt es nur, wenn die Menschen endlich Frieden mit der Evolution schließen. Wir müssen landwirtschaftliche Ökosysteme als evolvierende Systeme begreifen, um die Lebensqualität in unserer Umwelt zu steigern, eine Umwelt, die in den meisten Fällen eine Kulturlandschaft ist, die über menschliche Tätigkeit geformt wurde.

 

Was ist unsere Vision?

Leben basiert auf Signalen. is based on signals. Ein jegliches Moleküle und ein jeglicher Prozess kann ein Signal sein, wenn nämlich Information übertragen wird. Wie von Karl Bühler in seiner Organontheorie (1934) dargelegt, hängt Information vor allem vom Kontext zwischen Sender und Empfänger ab. Dies schafft Spezifität. Ein und dasselbe Molekül oder Ereignis kann unterschiedliche "Bedeutungen" übertragen, wenn der Kontext ein anderer ist. Evolution wurde dadurch geformt, dass die Kommunikation zwischen Zellen und Organismen hergestellt, verbessert, manchmal auch unterlaufen wurde. Währned unser konventionelles Verständnis von Kommunikation durch Signale dominiert wird, die über Bewegung entstehen (sogenanntes Verhalten), ist der Großteil von Signalen chemischer Natur (selbst bei den Tieren, Homo sapiens eingeschlossen). Wenn es uns gelingt, diese Signale zu identifizieren und zu manipulieren, gewinnen wir Kontrolle über andere Organismen und zwar auf eine Weiste, die spezifisch ist und ungewollte Nebenwirkungen vermeiden kann. Anders gesagt: Wenn wir diese Signale verstehen, können wir Strategien finden, um in Harmonie mit der Evolution unsere landwirtschaftlichen Ökosysteme zu steuern. Vielleicht erhalten wir auf diesem Weg nicht zu 100% Kontrolle über das System, sondern nur zu 90%. Freilich, dieser 90%-Kompromiss ist vermutlich dauerhafter als der bislang verfolgte technische Ansatz, bei dem wir im Grund unsere Ökosysteme differentiell vergiften.