2014_02 Der Wahre Drachenkopf

Der Moldawische Drachenkopf ist der richtige - ihn zu erkennen, ist nicht einfach. Wir haben hierfür ein Verfahren entwickelt, das sogar in Handelsproben funktioniert.

Worum geht es?

Immer mehr Menschen interessieren sich für gesunde Ernährung. Im Zeitalter der Globalisierung drängen daher immer mehr Produkte aus dem Grenzbereich Nahrung und Medizin auf den europäischen Markt, die oft aus der Heilungs- und Lebenstradition anderer Kulturen stammen. Ayurveda und Traditionelle Chinesische Medizin sind die bekanntesten. Aber  bekommen die Verbraucher in Europa immer das, was auf der Packung steht? Bei den oft exotischen Zutaten in Tees und Gewürzmischungen ist das zumeist ungewiß. Die Behörden sind mit der Überprüfung solcher Produkte überfordert. Wer kennt diese Pflanzen? Wer kann die Echtheit der daraus hergestellten Produkte überprüfen? Seit einigen Jahren entwickeln wir in unserer Gruppe Biodiversität neue Strategien für den Verbraucherschutz. Diesmal haben wir ein Verfahren entwickelt, um den Moldawischen Drachenkopf, eine neue Wunderpflanze aus Mittelasien, sicher nachweisen zu können. Die Nachfrage für dieses unglaublich intensiv nach Zitronen duftende Kraut ist stark angestiegen, seit man festgestellt hat, dass es nicht nur gut riecht, sondern gegen Gefäßerkrankungen und chronische Schmerzen hilft. Die Produktion für diese Modepflanze kann mit der gestiegenen Nachfrage nicht Schritt halten - daher wird hier gerne mit der ähnlich aussehenden Melisse oder Katzenminze "nachgeholfen"...

Was ist unsere Lösung?

Wir haben mit Drachenkopf, Melisse und Katzenminze sogenanntes genetic barcoding durchgeführt. Dabei wird, ähnlich wie beim Barcode im Supermarkt, mithilfe geeigneter Genmarker eine für die jeweilige Art typische DNS-Sequenz gesucht, mit der sie sich von den Verwechslungsarten unterscheiden lässt. Wir konnten solche Unterschiede in der Sequenz eines der hierfür gängigen Gene finden, die geeignet waren. Freilich war der Unterschied sehr klein - nur ein einziges Basenpaar unterschied sich. Es wäre sehr aufwendig, wenn man eine Handelsprobe jedes mal sequenzieren müsste. Wir nutzten daher molekulare Scheren, sogenannte Restriktionsenzyme. Wir konnten zwei Scheren finden, die aufgrund dieses kleinen Unterschieds die Gene aus Drachenkopf und den beiden Verwechslungsarten unterschiedlich schnitten. Das Problem bei diesem RFLP (eine Abkürzung für Restriction Fragment Length Polymorphism) genannten Verfahren war jedoch, dass man mit beiden Scheren schneiden musste, um den Drachenkopf zweifelsfrei nachweisen zu können. Jeder molekulare Scherenschnitt dauert einen halben Tag - das Verfahren ist also sehr langwierig. Wir versuchten darum eine schnellere Alternative, die auf einer PCR (die bekannte Polymerase-Kettenreaktion, wie man sie bei den Gentests der Polizei einsetzt). Dieser PCR setzten wir einen vorher fein ziselierten Störprimer dazu. Dieser kann nur an die Gensequenz des Drachenkopfs binden, nicht aber an die entsprechenden Gene von Melisse und Katzenminze. Dies führt dazu, dass beim Drachenkopf nach Auftrennung des Produkts im Gel eine kleinere Bande sichtbar wird, die bei den Verwechslungsarten fehlt.

Was bedeutet das?

Mit diesem ARMS genannten Verfahren kann man nun innerhalb einer kurzen Zeit (3 Stunden) eindeutig nachweisen, ob eine Handelsprobe auch tatsächlich Material der Gattung Drachenkopf enthält. Eine Probe, wo kein Drachenkopf drin ist, weil alles durch Melisse oder Katzenminze ersetzt ist, würde kein positives Signal liefern. Die Methode ist nun, da sie etabliert ist, einfach durchführbar und auch für Routineuntersuchungen geeignet. Was wir momentan noch nicht können: feststellen, ob der Drachenkopf tatsächlich der Moldawische ist. Wir arbeiten daher an noch feineren Sonden.

 

Publikation

102. Horn T, Völker J, Rühle M, Häser A, Jürges G, Nick P (2013) Genetic authentication by RFLP versus ARMS? The case of Moldavian Dragonhead (Dracocephalum moldavica L.). Eur. Food Sci Technol 238, 93-104 - pdf