Was wir tun


Willkommen im Nick-Labor

Molekulare Zellbiologie (Prof. Dr. Peter Nick)

Fritz-Haber-Weg, Gbd. 30.43 (Biologieturm), 5. Stock. e-mail. So finden Sie uns

Interview in Biospektrum

Living is Searching (Springer-Nature 2023)

 

Sekretariat

 

INSTITUTSSEMINAR

Protoplasma

Die Zeitschrift für Zellbiologie mit der längsten Tradition. mehr...

 

Wer ist die "wahre" Moringa?

"Superfood" ist ein großer Markt mit oft zweistelligen Wachstumsraten. Eine wohlhabende und alternde Gesellschaft mit hohem Gesundheitsbewusstsein ist bereit, für diese zumeist exotischen Pflanzenprodukte sehr viel Geld auszugeben. Viele dieser Pflanzen werden in ihrer Herkunftsregion medizinisch genutzt - ein zumeist über lange Zeit entstandener kultureller Kontext sorgt dafür, dass sie Nutzen und keinen Schaden bringen. Die Globalisierung führt dazu, dass die Pflanzen von diesem Kontext abgetrennt werden. Dies führt zu Missverständnissen, Verwirrung, aber auch absichtlichen Verfälschungen. Da es für diese Pflanzen bei uns keine Nutzungsgeschichte gibt, sind auch die Behörden überfordert. Der Internethandel sorgt ohnehin dafür, dass viele Produkte unkontrolliert verkauft werden. Seit vielen Jahren arbeiten wir daran, mithilfe einer Sammlung von sorgfältig geprüften Referenzpflanzen und sogenannten genetischen barcodes Methoden zu entwickeln, um die Echtheit solcher Produkte überprüfen zu können. Derzeit haben wir uns Moringa vorgenommen - Grund: von dieser eigentlich aus der indischen Ayurveda stammenden Heilpflanze gibt es verwandte Arten, die in Afrika vorkommen. Die in Europa erzielten Preise sind für afrikanische Standards astronomisch. Daher beginnen immer mehr Kleinbauern, Moringa anzubauen - afrikanische Arten von Moringa wohlgemerkt. Die Wirkung dieser auf deutsch auch als Meerrettichbaum bekannten Heilpflanze beruht auf besonderen Wirkstoffen, den Glucosinolaten. Das Profil dieser Stoffe ist von Art zu Art sehr unterschiedlich, der Grat zwischen Heilung und Schädigung ist sehr gering. Wir haben nun eine PCR-basiert Methode entwickelt, womit man schnell und sicher die "echte" Moringa von solchen Nachahmungsprodukten unterscheiden kann und hoffen, dass dieser Beitrag zur Verbrauchersicherheit bald von den Behörden übernommen wird.

208. Wetters S, Sahi V, Brosche L, Häser, A, Nick P (2024) Monitoring Indian “Superfood” Moringa oleifera Lam. – species-specific PCR-fingerprint-based authentication for more consumer safety. NPJ Science of Food 8, 21 - pdf

PRESSEMELDUNG DES KIT

Ursprung der Weinrebe

Vier Jahre harte Arbeit, fast 4000 Genome - die Frucht dieser Mühen wurde jetzt in Science publiziert. Die Wildrebensammlung am KIT spielte dabei eine wichtige Rolle. Es konnte gezeigt werden, dass die Weinrebe zweimal unabhängig domestiziert wurde. Einmal im Kaukasus, um daraus Wein zu keltern, ein zweites Mal im Nahen Osten, um sie als Tafeltraube zu nutzen. Bei ihrer Wanderung nach Westen gab es zahlreiche Amouren mit den lokalen Wildreben, woraus die große Vielfalt von Weinreben entstand. Dieses Projekt brachte Menschen aus 16 Ländern zusammen, trotz teilweise schwieriger politischer Umstände und erlaubt einen tieferen Einblick in die komplexe Geschichte dieser Kulturpflanze, die nicht nur Zivilisationen stiftete, sondern auch als eines der ersten globalen Handelsgüter Grenzen von Geographie, Sprache und Religion überwand. Der so geschaffene Wissensschatz ist noch nicht einmal angekratzt - während die Weinrebe im Wechselspiel zwischen klimatischen Umbrüchen und menschlicher Wanderung zahlreiche Regionen eroberte, sammelte sie Gene ein, die ihr erlauben mit zahlreichen Widrigkeiten fertig zu werden. Diese Gene können nun dabei helfen, den Weinbau gegen den Klimawandel zu wappnen - genau dies tun wir schon mit unserem Interreg Oberrhein Projekt Kliwiresse. Vortrag im Rahmen der Samstagsuni Freiburg.

Zum Science-Artikel

Interview mit der Washington Post

Zur Pressemeldung des KIT

Youtube zur Bedeutung des Projekts für die Region

 

Der neue "Strasburger"

Vor 127 Jahren begründete Eduard Strasburger das Lehrbuch der Botanik. Jetzt ist die 38. Auflage erschienen - damit ist der Strasburger das Biologielehrbuch mit der längsten Geschichte. Peter Nick steuerte einige 100 Seiten zu den Themen Struktur und Funktion des Pflanzenkörpers und pflanzliche Entwicklung bei. Der "Strasburger" verfolgt den Anspruch, das gesamte Wissen über Pflanzen umfassend, aktuell und dennoch gefiltert darzustellen. Auch wenn es noch nie so einfach war, sich Informationen zu beschaffen, besteht das Problem zunehmend darin, nach relevant und irrelevant zu filtern. Lehrbücher sind also nicht obsolet, sie sind wichtiger denn je. mehr...

FKI

Der Lehrpreis des Landes 2015 ging an Peter Nick and Mathias Gutmann. Mit dem Preisgeld bauten wir das Forum auf, um über die Grenzen von Fakultäten und Disziplinen kontroverse Themen zu hinterfragen und zu diskutieren. Im WS 2024-2025 geht es um Nachhaltigkeit. mehr...

 

 

 

Actin mit Licht schalten

Actin, das Protein, aus dem unsere Muskeln bestehen, kommt auch in Pflanzen vor. Das ist eigentlich erstaunlich, weil sich Pflanzen ja nicht mit Muskelkraft fortbewegen. Seit drei Jahrzehnten versuchen wir zu verstehen, wozu Pflanzenzellen Actin nutzen. Die Antwort ist, dass Actin hier eher als Sinnesorgan wirkt, womit die Zelle ihre Integrität messen kann. In der Vergangenheit haben wir gemeinsam mit der Arbeitsgruppe von Anne Ulrich am IBG nach Wegen gesucht, die Reaktion von Actin mit künstlichen Peptiden, die Pflanzenmembranen durchdringen können, zu beeinflussen. Eines dieser Peptide, BP100, wurde nun so verändert, dass man es über Licht schalten kann. Die Frage war nun, ob man damit das Verhalten von Actin über Licht steuern kann. Dies wurde in Tabakzellen geprüft, bei denen Actin über ein fluoreszentes Protein sichtbar gemacht ist, so dass man seine Reaktion mikroskopisch in lebenden Zellen verfolgen kann. In der Tat zeigte sich nun, dass man in den mit diesem schaltbaren Peptid behandelten Zellen durch Belichtung eine Veränderung des Actins auslösen kann. Man kann also den Zellen vorspiegeln, dass ihre Membran nach wie vor intakt sei, obwohl das Peptid eingedrungen ist. Mit dieser Technologie kann man also auch ohne Gentechnik lebende Zellen optogenetisch manipulieren.

 

Veröffentlichung

207. Hrebonkin A, Afonin S, Nikitjuka A, Borysov OV, Leitis G, Babii O, Koniev S, Lorig T, Grage SL, Nick P, Ulrich AS, Jirgensons A, Komarov IV (2024) Spiropyran-based photoisomerizable a-amino acid for membrane-active peptide modification. Chem Eur J, doi 10.1002/chem.202400066 - pdf

 

 

 

Wie können Pflanzen Stressarten unterscheiden?

Pflanzen können nicht weglaufen, wenn Ihnen die Umwelt nicht zusagt. Sie müssen sich anpassen. Die Fähigkeit, Widrigkeiten erkennen und angemessen darauf reagieren zu können, ist also die zentrale Strategie für das pflanzliche Überleben. Wir müssen dies verstehen, um uns auf den Klimawandel vorbereiten zu können. Das ist nun auch im öffentlichen Bewusstsein angekommen. Wie Pflanzen Stressarten unterscheiden können ist jedoch weitgehend unverstanden. Bei Kombinationen von Stressfaktoren müssen sie sogar richtige Entscheidungen treffen. Dies geschieht etwa an einem Hochsommertag - sollen die Blätter über Verdunstung gekühlt oder soll das Wasser lieber aufgespart werden, um Trockenheit besser zu überstehen? Wie gehen Entscheidungen ohne Gehirn? Für uns ist das so fremdartig, dass wir es nicht verstehen. Hier setzt unser neues Konzept an - kurz gefasst, schlagen wir vor, dass es eine Handvoll von Signalen gibt, die, je nachdem, wie sie kombiniert werden, unterschiedliche Stressformen bedeuten und daher auch unterschiedliche Reaktionen hervorrufen. Eigentlich ganz so wie menschliche Sprache  - die "Worte" sind Signalmoleküle, die "Grammatik" ist deren zeitliche Reihenfolge und Kombination. An konkreten Beispielen zeigen wir, dass die Idee funktioniert und entwickeln ihren evolutionären Zusammenhang. Die Idee mag ungewöhnlich sein, aber sie lässt sich experimentell überprüfen und sie liefert Erklärungen, um die komplexen Stressreaktionen von Pflanzen verstehen zu können.

Veröffentlichung

[63] Nick P (2023) Towards a Grammar of Plant Stress – Modular Signalling Conveys Meaning. Theor Exp Plant Physiol. doi 10.1007/s40626-023-00292-2 - pdf

 

 

 

 

Vom Wurzelchip zum Bioherbizid

Pflanzen haben es faustdick hinter den Ohren. Geschätzt eine Million Wirkstoffe kommen nur in Pflanzen vor und haben die Aufgabe, andere Organismen für die Zwecke der Pflanze einzuspannen. Häufig werden dabei zelleigene Signalwege im Zielorganismus manipuliert. Auch wir Menschen sind nicht dagegen gefeit – ob Koffein, Opium oder Cannabis, immer wird unser Nervensystem durch pflanzliche Wirkstoffe ausgetrickst. Einen besonders kuriosen Fall pflanzlicher Manipulation haben wir nun aufgedeckt. Unsere Minzen schlagen Konkurrenten dadurch aus dem Feld, dass sie sie „zu Tode duften“. Warum befördern sich dann selbst nicht in die ewigen Jagdgründe, immerhin sind sie selbst der höchsten Dosis dieser Stoffe ausgesetzt? Am Beispiel der Kräuselminze können wir zeigen, dass der Duftstoff Carvon innerhalb weniger Minuten die Wurzelzellen der Zielpflanze dazu überredet, ihre Mikrotubuli aufzulösen und kurz darauf Selbstmord zu begehen. Verändert man kleine chemische Details an der Struktur von Carvon, verschwindet die Wirkung völlig. Dies zeigt, dass Carvon kein Gift ist, sondern ein manipulatives Signal. Offenbar ist es in der Lage, in der Zielpflanze an einen speziellen Rezeptor zu binden, der ansonsten in die Abwehr gegen Mikroben eingebunden ist. Hier ist es nämlich durchaus sinnvoll, wenn die befallene Zelle sich durch Selbstmord opfert und so den Erreger mit in den Tod reißt, so dass die anderen Zellen geschützt sind. Wir vermuten, dass die Minze ihren eigenen Rezeptor so verändert, dass Carvon nicht binden kann. Signale, die Konkurrenten ausschalten – so etwas hat natürlich viel Potential für die Entwicklung neuer Bioherbizide. Im nächsten Schritt wollen wir nun herausfinden, wer auf dieses Signal hört, also den Rezeptor identifizieren. Diese raffinierte Strategie konnten wir im Rahmen unseres Projekts DialogProTec (Wissenschaftsoffensive von Interreg Oberrhein) in einer interdisziplinären Kooperation mit Partnern am Campus Nord IMT, Université de Strasbourg, dem Institut für biologische Wirkstoffe Kaiserslautern, der Universität Freiburg und dem Forschungsinsitut für biologischen Landbau in Frick aufdecken und im Journal of Experimental Botany veröffentlichen.

Veröffentlichung

210. Hering N, Schmit AC, Herzog E, Corbin LT, Schmidt-Speicher L, Ahrens R, Fauconnier ML, Nick P (2024) Spearmint Targets Microtubules by (−)-Carvone. Hort Res. doi.org/10.1093/hr/uhae151 - pdf

 

Was wir forschen

Leben ist nicht einfach. Es gibt zwei Wege, das zu meistern – Tiere rennen davon, Pflanzen passen sich an. Wir wollen verstehen, wie. Der Schlüssel sind pflanzliche Zellen, denn sie vermitteln Gestalt, Anpassung und die enorme Vielfalt der Pflanzen.
Evolution löst Probleme nachhaltig, auf vielfältige Weise. Können wir diese Vielfalt nutzen? Wir wollen Biodiversität schützen und nutzen. Wir entwickeln Methoden, um Verbraucherschutz in Zeiten der Globalisierung zu sichern. mehr... In unserem von Interreg Oberrhein geförderten Forschungsverbund nutzen für Resilienzfaktoren aus der fast ausgestorbe-nen Europäischen Wildrebe, um KliWi-Reben (für Klima-Widerstandsfähig) zu entwickeln. mehr...
Pflanzen sind Meister der Anpassung. Wie meistern sie Stress? Wir arbeiten an Jasmonsäure, dem pflanzlichen "Adrenalin", aber auch über das Immunsystem der Weinrebe. mehr.. Gemeinsam mit Partnern aus der EUCOR-Region nutzen wir ein Ökosystem auf dem Chip, um chemische Kommunikation zwischen Pilzen und Pflanzen aufzuklären und für den nachhaltigen Pflanzenschutz zu nutzen (Interreg Wissenschaftsoffensive, 2019-2022). mehr...
Pflanzenzellen können Selbstorganisation ohne einen "Big Brother". Die Fähigkeit jeder einzelnen Zelle, sich selbst eine Richtung zu geben, ist hier zentral. Wie geht das? mehr... Die Mikrotubuli, ein Teil des pflanzlichen Cytoskeletts, steuern das pflanzliche Wachstum. Können wir das nutzen, um weniger schädliche Herbizide zu entwickeln? (BAYER, 2018-2024)