Leben oder Tod unter Salzstress - eine Frage der Zeit

Leben oder Tod unter Salzstress - eine Frage der Zeit

 

[35] Ismail A, Takeda S, Nick P (2014) Life and death under salt stress: same players, different timing? J Exp Bot 65, 2963-2979. pdf

123 Zitate. pdf

 

Worum geht es?

Wenn Blätter oder Wurzeln von Pflanzen Stress haben, gibt es zwei Möglichkeiten – entweder versuchen die Zellen, sich an den Stress anzupassen und am Leben zu bleiben, was natürlich viel Energie kostet. Manchmal ist das nicht sinnvoll, dann ist es wirksamer, wenn sich die Zellen für das Überleben der ganzen Pflanze opfern. In einem trockenen und heißen Sommer kann man zum Beispiel beobachten, dass Blätter braun werden und abfallen. Dieses Absterben ist jedoch keine ungeordnete Kapitulation an die Verhältnisse, sondern ein „geordneter Rückzug“. Die Zellen mobilisieren ihre Ressourcen an Energie und Protein und die Pflanze verfrachtet diese in den Stamm oder die Wurzeln. Wenn die Stressphase vorüber ist, werden mit diesen Ressourcen neue Blätter gebildet. Die Entscheidung über die richtige Strategie wird mithilfe des pflanzlichen Stresshormons Jasmonsäure gebildet.

Was kam heraus?

Diese Arbeit wurde durch frühere Beobachtungen unserer Arbeitsgruppe, aber auch von anderen angeregt. Am Beispiel des wichtigen Stressfaktors Bodenversalzung entwickeln wir eine Hypothese, wie dies funktionieren könnte und belegen diese Idee mit vielen experimentellen Befunden. Kernpunkt unserer Idee ist die Zeitlichkeit. Wenn das Stress-Signal (Jasmonsäure) schnell gebildet wird und schnell wieder vergeht, versucht sich die Zelle an den Salzstress anzupassen. Wenn das Stress-Signal sich jedoch langsam aufbaut, dann aber bestehen bleibt, ist dies das Signal für den programmierten Zelltod und die Zelle opfert sich zum Wohle der ganzen Pflanze. Wie eine Zelle etwas so komplexes wie ein zeitliches Muster unterscheiden kann, ist alles andere als einfach zu erklären – wir können jedoch auch dafür plausible molekulare Erklärungen anbieten und schlagen auch Versuche vor, wie man die kühne These, dass Pflanzen zeitliche Muster der Jasmonsäure wahrnehmen können, experimentell testen kann. Übrigens ist das auch bei uns Menschen nicht viel anders – kurze, aber vergängliche Aktivierung von Stresshormonen helfen uns dabei, Widrigkeiten („Stress“) zu bewältigen. Wenn die Pegel dieser Stresshormone jedoch chronisch erhöht bleiben, werden wir krank, ein Phänomen, das man neudeutsch als burnout bezeichnet.