2015_03 Eine Reismutante bewahrt kühlen Kopf bei Stress

Eine Reismutante, die das pflanzliche Stresshormon Jasmonsäure nicht bilden kann, entpuppt sich als Hebel für die Züchtung von Reissorten, die besser mit Salz und Dürre zurechtkommen können.

 

Die Grüne Revolution hat im vergangenen Jahrhundert die stark wachsende Weltbevölkerung vor Hunger bewahrt (dass es noch Hunger gibt, ist ein politisches, kein landwirtschaftliches Problem). Neben mineralischer Düngung, chemischem Pflanzenschutz und Maschineneinsatz waren es vor allem Fortschritte in der Züchtung, die bei gleichbleibender Fläche eine Vervielfachung des Ertrags ermöglichten. Diese Intensivierung hatte jedoch ihren Preis. Vor allem in trockenen Regionen wurde durch nicht sachgemäße künstliche Bewässerung der Boden immer salziger (bei der Verdunstung des Wassers bleibt Salz zurück). Die Landwirtschaft der Zukunft muß also nachhaltiger werden und sorgfältiger mit der kostbaren Ressource Wasser umgehen. Weltweit wird daher mit Hochdruck daran geforscht, wie man Pflanzen züchten kann, die weniger Wasser brauchen und auch mit salzigen Böden zurechtkommen. Reis als weltweit wichtigste Nahrungsquelle steht hier im Mittelpunkt. In dem vom BMBF geförderten deutsch-ägyptischen Gemeinschaftsprojekt Desertcereals (“Wüstengetreide”) untersuchen wir, wie Reis auf Salz- und Trockenstress reagiert. Hier machten wir die überraschende Beobachtung, dass von uns entwickelte Mutanten, die das zentrale Stresshormon Jasmonsäure (also eine Art “Adrenalin der Pflanzen”) nicht mehr bilden können, deutlich besser abschneiden als normale Reispflanzen. Bei der Suche nach dem Grund zeigte sich, dass eine Vorstufe der Jasmonsäure, OPDA, in den normalen Pflanzen allerlei Unheil anrichtet. Unter anderem wird das System der oxidativen Balance durcheinandergebracht, wodurch ein Übermaß an gefährlichen sogenannten reaktiven Sauerstoffspecies entsteht. Die Mutanten können kein OPDA bilden und gehen daher viel “cooler” mit der Stress-Situation bewahren. Natürlich hat es wenig Sinn, nun den Reisanbau auf diese Mutanten umzustellen, den das Fehlen von Jasmonsäure hat andere negative Folgen (beispielsweise ein stark verminderte Fruchtbarkeit) – aber wir können nun nach anderen Strategien suchen, wie man OPDA im Zaum halten und damit den Umgang mit Salz- und Trockenstress verbessern kann. Hierzu setzen wir auf sogenannte molekulare Züchtung, wobei man in wilden Verwandten von Reis oder in alten Kultursorten oder Landrassen von Reis nach günstigen Varianten der relevanten Gene sucht und diese dann durch natürliche Kreuzung in die Kultursorte einbringt. Mithilfe der molekularen Information kann man in der Nachkommenschaft schon im Sämlingsstadium herausfinden, welche Pflanze zur Weiterzüchtung geeignet ist. Im Gegensatz zur traditionellen Züchtung, wo man dies erst durch langwierige Feldversuche herausfinden kann, kann man so präziser und schneller vorankommen. Im Gegensatz zur Gentechnik werden keine artfremden Gene künstlich eingeführt.

Veröffentlichung

113. Hazman M, Hause B, Eiche E, Nick P, Riemann M (2015) Increased tolerance to salt stress in OPDA-deficient rice ALLENE OXIDE CYCLASE mutants is linked to an increased ROS-scavenging activity. J Exp Bot 66, 3339-3352 - pdf