"Dino" Frey: Bewegung und Form

Könnten Schildkröten fliegen? Sie tun es natürlich nicht, weil sie sich an eine bestimmte Lebensweise angepasst haben. Andere Lebewesen - und zwar sehr unterschiedliche - haben den Luftraum erobert, auch wenn sie nicht miteinander verwandt sind. Die Möglichkeiten des Luftlebens bot Vorteile, an die sich nach der Darwinschen Theorie die Lebewesen einpassen (survival of the fittest heißt ja nicht, dass der Stärkste überlegt, sondern to fit bedeutet eigentlich jemanden in eine Lücke einpassen). Schildkröten können auch tatsächlich sehr unterschiedliche Bewegungen vollführen, fliegen können sie aber nicht, weil der starre Panzer die entsprechenden Bewegungen verhindert. In dem Augenblick, als also der Schildkrötenpanzer entwickelt war, war dadurch auch eingeschränkt (was nicht dasselbe ist wie vorgegeben), was in der Evolution weiter aus solchen Schildkröten werden kann.

Offenbar sind der Anpassung an die Umwelt Grenzen gesetzt. Diese Grenzen haben etwas mit dem Bauplan eines Lebewesens zu tun.

Das mag auf den ersten Blick trivial erscheinen, bedeutet aber nichts Anderes, als dass wir die Darwinische Erklärung der Evolution verändern müssen. Das Spiel von Mutation und Selektion genügt nicht, viele Formen von Lebewesen gehorchen Gesetzmäßigkeiten, die eben in der Form selbst begründet und daher nicht als Anpassung an bestimmte Umweltbedingungen zu begreifen sind. In einem Vergleich aus biologischen und technischen Formen erschließt sich so ein neuer Blick auf die Evolution

 

Sprecher: Eberhard Frey trägt nicht umsonst den Beinamen "Dino" - er leitet die Abteilung für Geologie am Karlsruher Naturkundemuseum und ist international einer der prominentesten Vertreter der "Dino"logie. Nach dem Studium der Biologie in Tübingen wandte er sich schon in der Promotion den fossilen Krokodilen zu und spezailsierte sich auf die Flugsaurier, von denen er auch mehrere neue Exemplare entdeckte, beschrieb und erklärte. Nach einem Intermezzo im Landesmuseum Darmstadt fand er in Karlsruhe seinen Bestimmungsort und ist auch als Professor in der Biologie des KIT tätig. Sein Spezialgebiet, die Konstruktionsmorphologie, versucht Baupläne auf biophysikalischer Grundlage zu verstehen und zu erklären.