02.06.2023: Kiwicha enthält mehr Linolensäure.

 

Leider ist Amarant molekularbiologisch noch weitgehend unerschlossen. Wir haben daher zunächst einmal für zwei ausgewählte Typen das gesamte Genom entschlüsselt. Der eine Typ ist ein echter kiwicha (A. caudatus), entstammt dem Urubamba-Tal bei Cusco, der andere Typ gehört zur mexikanischen Art A. hypochondriacus. Mithilfe dieser Genome konnten wir nun wichtige Schlüsselgene identifizieren, die an der Synthese ungesättigter Fettsäuren wichtig sind. Der DHA-Stoffwechsel geht Hand in Hand mit der Aktivierung des Jasmonsäure-Wegs (beide konkurrieren um die Vorstufe α-Linolensäure). Wir wissen, dass Jasmonsäure (eine Art pflanzliches Adrenalin) für die Reaktion auf Kälte eine zentrale Rolle spielt. Daher haben wir auch wichtige Gene der Jasmonsäurebildung und -antwort, aber auch wichtige Schalter der Kälteanpassung identifiziert. Das Verhalten dieser Gene und der Zusammenhang mit dem Fettsäure-Stoffwechsel wurden dann unter den Bedingungen Süddeutschlands verglichen werden. Dabei zeigte sich, dass die untersuchten kiwicha Typen deutlich mehr der wertvollen ungesättigten Fettsäure Linolensäure bilden als der Amarant aus Mexiko. Wir können zeigen, dass das mit einer unterschiedlichen Reaktion auf kühle Temperaturen während der Blüte zusammenhängt - dies sind evolutionäre Spuren der unterschiedlichen Domestizierungsgeschichte im subtropischen Mexiko oder im Hochland der Anden.

 

Diese umfangreiche Studie, die erklärt, warum kiwicha einen höheren Gehalt an ungesättigten Fettsäuren aufweist, ist nun im International Journal of Molecular Sciences erschienen:

 

Veröffentlichung: Kanbar A, Beisel J, Gutierrez MT, Graeff-Hönninger S, Nick P (2023) Peruvian Amaranth (kiwicha) Accumulates Higher Levels of the Unsaturated Linoleic Acid. Int J Mol Sci 24, 6215 - pdf

Meldungen

 

30.09.2022: Biodiversität für veganes Lysin.

 

Pflanzenproteine sind in der Regel arm an der essentiellen Aminosäure Lysin. Bei einer veganen Ernährungsweise muss daher Lysin komplementiert werden. Die Alternative zur Lysinpille wären pflanzliche Nahrungsmittel mit einem hohen Lysingehalt. In seiner Masterarbeit untersuchte Johannes Gröne daher mehr als 80 verschiedene Amaranth-Genotypen aus der KIT Sammlung und fand deutliche Unterschiede. Ideal wären ´45 mg/g Protein. Rindfleisch oder Thunfisch als lysinreiche Nahrungsmittel kommen auf bis zu ´20 mg/g. Reis hat nur ein Zehntel davon, Weizen nur ein Fünftel. Unser Champion ist der aus der Region Cusco stammende kiwicha (Amaranthus caudatus) Genotyp 8301 mit 22 mg/g. Andererseits bringt Genotyp 8300, der aus derselben Region stammt, nur 15 mg/g, auf die Waage, also deutlich weniger. Zusammen mit seinem Betreuer, Dr. Adnan Kanbar, konnte Johannes Gröhe nun festsmachen, welche Gene der Lysinbildung hier wichtig sind und wie ihre Aktivität von den Umweltbedingungen abhängt. Auf der Grundlage dieses Wissens kann man nun daran gehen, lysinreiche Sorten zu züchten. Kontakt: Prof. Dr. Peter Nick

01.04.2022: Auf der Jagd nach Lysin.

Bisher standen vor allem Omega-3-Fettsäuren im Mittelpunkt des Projekts. Der peruanische Amaranth (kiwicha) hat jedoch noch weit mehr zu bieten. Schon Luis Sumar Kalinowski, der kiwicha in den 70er Jahren wiederentdeckt und seinen Anbau in Peru propagiert hatte, veranlasste Untersuchungen, bei denen man Proteingehalte und -zusammensetzung verschiedener Amarantharten verglich. Dabei zeigte sich, dass kiwicha besonders hohe Gehalte der wichtigen Aminosäure Lysin aufwies. Dieser Baustein unserer Proteine ist für Pflanzen eine "teure" Angelegenheit, weil er eine zweite Aminogruppe enthält, wofür bioverfügbarer Stickstoff gebraucht wird. Daher enthalten pflanzliche Proteine häufig weniger Lysin als tierische Proteine. Wer sich also vegan ernährt, muss darauf achten, genug Lysin zu sich zu nehmen. Häufig wird Lysin als Nahrungsergänzungsmittel komplementiert. Das muss eigentlich nicht sein - man könnte stattdessen von den Inka lernen und einfach täglich eine gewisse Menge kiwicha zu sich nehmen, um seinen Lysinbedarf zu decken. Daher durchkämmen wir derzeit unsere Amaranthsammlung nach Sorten, die besonders viel Lysin produzieren.

21.01.2022: Kiwicha in Gefahr.

Der echte peruanische Amarant (A. caudatus), auch als Kiwicha bezeichnet, ist züchterisch noch nicht so erschlossen wie seine mexikanischen Geschwister, die den internationalen Handel dominieren. Kiwicha hat jedoch einige ernährungsphysiologische Vorzüge - etwa ein höherer Gehalt an Antioxidantien, ein höherer Gehalt an ungesättigten Fettsäuren und ein höherer Gehalt der in pflanzlichen Proteinen oft seltenen Aminosäure Lysin. Damit diese wertvollen Eigenschaften erhalten bleiben und weiterentwickelt werden können, ist es wichtig, auf die Echtheit des Saatguts zu achten. Leider fehlt vielen Amarant-Anbauern in Peru das Wissen um die Verschiedenheit von Amarant. Es wird daher häufig auch importiertes Saatgut eingesetzt. Dies könnte die Existenz von Kiwicha in Gefahr bringen, nicht nur weil er seltener gepflanzt wird, sondern auch, weil es zu Vermischungen kommt, so dass er zunehmend seine Eigenart verliert. Wir wollten herausbekommen, ob wir hier nur Gespenster sehen oder ob dieses Problem schon relevant ist. Die Antwort ist ein klares Ja. Von 12 im Sommer 2021 in Peru gesammelten Saatgutproben stellten sich 3 als "falscher Kiwicha" heraus. Dies konnte mit dem von unserem Mitarbeiter Dr. Adnan Kanbar entwickelten genetischen Fingerabdruck zweifelsfrei festgestellt werden. Es ist also höchste Zeit, sich über Qualität und Echtheit von Amarant-Saatgut in Peru Gedanken zu machen. Kontakt: Prof. Dr. Peter Nick