2021_01 Wildreben gegen Klimawandel

 

Was war die Frage hinter dieser Arbeit? Die heißen und trockenen Sommer lassen auch bei uns immer häufiger Weinreben in der Blüte ihrer Produktivität plötzlich zusammenbrechen. Ursache sind holzbesiedelnde Pilze, die auch in gesunden Reben vorkommen und dort harmlose "Mitesser" sind. Wenn ihre Wirtspflanze unter Stress gerät, verändern sie plötzlich ihr Verhalten und fangen an, Giftstoffe zu bilden, um ihren Wirt umzubringen und die Energie aus der "Leiche" dafür zu nutzen, Sex zu haben und Fruchtkörper zu bilden, die dann aus dem Holz hervorbrechen und die Sporen verbreiten ("Die Ratten verlassen das sinkende Schiff"). Wir fragen uns, ob wir Reben finden können, die mit dieser Herausforderung umgehen können.

Wie sind wir die Frage angegangen? Schlüssel für unsere Arbeit war usnere im Botanischen Garten des KIT aufgebaute, weltweit einmalige Sammlung von Wildreben, worin wir die gesamte noch vorhandene genetische Vielfalt für die seltene Europäische Wildrebe (die Stamm-Mutter unserer Weinrebe) versammelt haben. In der Tat gibt es darunter Reben, die sich gegen holzzerstörende Pilze wehren können. In einer Verbindung aus molekularen, metabolischen, histochemischen und Kryo-Rasterelektronenmikroskopischen Methoden untersuchten wir, wie die Abwehr funktioniert.

Was kam heraus? Wir konnten zeigen, dass Pilz und Pflanze einen chemischen Ringkampf austragen. Die Bildung von Holz und die Bildung von Abwehrstoffen, sogenannten Stilbenen, konkurrieren um dieselben Ausgangsmoleküle. Der Pilz versucht mit chemischen Signalen die Rebe so zu manipulieren, dass sie möglichst viel Holzstoff bildet (ihm also seine Nahrung liefert). Die Pflanze versucht hingegen, möglichst viele Stilbene zu bilden. Die Wildreben können dieses chemische Ringen für sich entscheiden und lenken den Stoffwechsel so um, dass besonders wirksame Viniferin-Trimere entstehen, die die Ausbreitung des Pilzes stoppen. Unser Wissen kann nun dabei helfen, Weinreben, aber auch Stadtbäume gegen die Folgen des Klimawandels zu wappnen. Unsere Arbeit wurde in der hochrangigen Fachzeitschrift New Phytologist publiziert.

Veröffentlichung. 160. Khattab IM, Sahi VP, Baltenweck R, Grondard AM, Hugueney P, Bieler E, Dürrenberger M, Riemann M, Nick P (2021) Ancestral chemotypes of cultivated grapevine with resistance to Botryosphaeriaceae related Dieback allocate metabolism towards bioactive stilbenes. New Phytologist 229, 1133-1146. pdf

Pressemeldung des KIT