Versuch Immunfluoreszenz

Wozu dieser Versuch?

Die moderne Biologie ist stark durch die Fortschritte der Molekularbiologie geprägt worden. Für zahlreiche Organismen wurden inzwischen die gesamten Genome entschlüsselt und damit das gesamte Repertoir von Proteinen aufgeklärt. Freilich kennt man nur für einen Teil dieser Proteine ihre biologische Rolle. Für viele Proteine weiss man nicht, "wofür sie gut sind", für andere wurde aufgrund von Sequenzhomologien zu Proteinen aus anderen Organismen eine mögliche Funktion zugeordnet, aber oft ist diese Zuordnung (Annotierung) falsch oder gar unsinnig. 

Um die Funktion eines Proteins erschliessen zu können, werden in der Regel drei Wege beschritten:

 

1. Man schaltet das Protein aus (sogenannter loss-of-function Ansatz) und untersucht, welche Funktion des Organismus dann gestört ist.

2. Man führt eine Überexpression des Proteins herbei (sogenannter gain-of-function Ansatz) und sucht nach veränderten Funktionen.

3. Man untersucht, wo das Protein im Organismus oder in der einzelnen Zelle vorkommt und schliesst darauf auf seine Funktion.

 

Der dritte Ansatz beruht auf der Verbindung von Mikroskopie und molekularem Nachweis. Zellbiologie wurde über Jahrzehnte als strukturelle Wissenschaft verstanden - man untersuchte Form, Aufbau und Dynamik von Geweben oder Zellen.  Darüberhinaus gibt es jedoch auch die Möglichkeit, Aufschluß über die molekulare Natur des Präparats zu erhalten. In der klassischen Zellbiologie bedient man sich dazu der spezifischen Anfärbung bestimmter Zellbestandteile – beispielsweise lassen sich Zellkerne mit Giemsa oder Methylenblau sichtbar machen, oder die Vakuole mit Neutralrot. Durch den Einsatz von Antikörpern wurde es nun möglich, im Grunde jedes beliebige Biomolekül, spezifisch nachzuweisen (Immunocytochemie).

 

Damit wurde es möglich, ganz gezielt ein bestimmtes Protein innerhalb der Zelle zu markieren. Der Antikörper muß dann nur noch in irgendeiner Weise sichtbar gemacht werden. Seit Beginn der 80er Jahre verwendet man dazu immer häufiger fluoreszierende Substanzen (sogenannte Fluorochrome), die an Antikörper gekoppelt werden können. Diese Methode wird daher Immunfluoreszenz genannt. Seit ihren Anfängen vor knapp drei Jahrzehnten hat sich die Immunfluoreszenz neben den Fluoreszenten Proteinen (FP) zu einer der Schlüsseltechnologien der modernen Zellbiologie, aber auch der medizinischen Diagnostik gemausert. Im Gegensatz zur FP-Technologie müssen für die Immunfluoreszenz keine genetischen Transformationen durchgeführt werden, die untersuchte Zelle muss also nicht zuvor gentechnisch manipuliert werden. Für viele Organismen, die molekulargenetisch nicht zugänglich sind, ist Immunfluoreszenz daher nach wie vor die einzige Möglichkeit, die Lokalisation eines bestimmten Proteins zu bestimmen.